Ein Blick in die Glaskugel der Baubranche: Holz nachhaltig nutzen: Baumstämme, FSC Holz

Holz nachhaltig nutzen

Es ist allgemein bekannt: Holz ist nachhaltig, nachwachsend und gut für das Klima. Forschende der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) haben in einer umfassenden Studie die Materialflüsse von Holz in der Schweiz genau analysiert – und ungenutzte Möglichkeiten entdeckt.

Die Schweiz hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Umdenken notwendig – insbesondere in Bezug auf die Nutzung und Verwertung von Rohstoffen.
Auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft ist Holz einer der wichtigsten Rohstoffe. Das erneuerbare Material bindet beim Wachstum CO₂ aus der Atmosphäre. Sowohl als Material als auch als Energieträger bieten Holz und seine zahlreichen Materialanwendungen Alternativen zu fossilen Rohstoffen. Da verwundert es kaum, dass viele Industriezweige in Zukunft vermehrt auf Holz setzen wollen – sei es im Bauwesen, bei der Produktion von Textilien und sogar in Sektoren wie Elektronik oder Pharma und Chemie.

Doch steht überhaupt genug Holz zur Verfügung, um die steigende Nachfrage zu decken? Um Klarheit darüber zu schaffen, wie viel Holz für derartige Anwendungen zur Verfügung steht und in welcher Form, haben Forschende der Empa und der WSL nun sämtliche dokumentierten Materialflüsse von Holz in der Schweiz umfassend analysiert. Ihre Studie, die kürzlich in der Zeitschrift Industrial Ecology veröffentlicht wurde, entstand im Rahmen von SCENE, einer gemeinsamen Initiative des ETH-Bereichs.

Die Kaskadennutzung als Vision

Holz ist ein vielfältiger Rohstoff, der auf dem Weg von der Ernte zur Anwendung zahlreiche Formen annehmen kann. Diese unterscheiden sich oft im Volumen und im Feuchtigkeitsgehalt stark: Rohholz, Schnittholz, Konstruktionsholz, Holzwerkstoffe, Holzfasern für die Papierindustrie und vieles mehr.

Die Harmonisierung der unterschiedlichen Holzflüsse war daher eine Mammutaufgabe. «Vergleichbare Studien aus dem Ausland setzen stark auf Modellierung. Sie haben Daten dazu, wie viel Holz im Wald geerntet wird, und berechnen daraus die weiteren Materialflüsse», erklärt die Erstautorin der Studie, Nadia Malinverno aus dem Empa-Labor «Technologie und Gesellschaft».
Das Team der Empa verwendete hingegen fast durchgehend «echte» Daten – von der Holzernte und dem Import/Export über die Verarbeitung bis hin zu Recycling und Entsorgung. Dadurch ergibt sich ein deutlich genaueres Bild – wenn auch kein perfektes, betont Malinverno. «Die gute Datenlage in der Schweiz haben wir vor allem unseren Kolleginnen und Kollegen von der WSL und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) zu verdanken», ergänzt Co-Autorin und Empa-Forscherin Claudia Som.

Das Fazit der Studie: In der Schweiz besteht noch erhebliches Potenzial, was die nachhaltige Nutzung von Holz betrifft. So liegt die Recycling-Rate von Holz bei gerade einmal knapp acht Prozent – beim Papier hingegen bei etwa 70 Prozent. In der Schweiz werden jährlich fünf bis sieben Millionen Kubikmeter Holz geerntet. Davon werden rund 40 Prozent direkt energetisch genutzt – das heisst verbrannt. Das ist keineswegs ideal, sind sich die zwei Autorinnen einig. Denn: «Damit das Holz seine Funktion als CO₂-Speicher erfüllt, sollte es möglichst lange als Material in der Technosphäre verbleiben», erklärt Som. Die Vision der Forscherinnen und der SCENE-Initiative ist die sogenannte Kaskadennutzung von Holz. Darin würde ein gefällter Baum zuerst zu möglichst grossen und hochwertigen Werkstücken verarbeitet werden – etwa zu Balken, Brettern oder Fensterrahmen für den Bau. In dieser Form sollte das Holz dann so lange wie möglich wiederverwendet werden. Erst wenn dies nicht mehr möglich ist, würde es zerkleinert und in die nächste Materialstufe überführt, beispielsweise zu kleineren Brettern, Holzspänen oder Holzwerkstoffen. In den Ofen sollte das Holz erst dann kommen, wenn keine weitere Materialnutzung mehr möglich ist.

Welche Holznutzungen ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sind, wollen die Forschenden im Rahmen von SCENE noch näher untersuchen. Eines der Ziele ist es, ausgewählte Materialströme genauer unter die Lupe zu nehmen: In welcher Form liegt das Holz in einem bestimmten Fluss vor? Wo genau fällt es an? Wie ist es behandelt? Und wie könnte man es sonst noch verwenden? Diese Fragen beschäftigen Nadia Malinverno, Claudia Som und ihre Mitforschenden in den kommenden Jahren.

Bei 4B ist die Verwendung des nachhaltigen und nachwachsenden Rohstoffs Holz seit der Firmengründung 1896 selbstverständlich. Heute verlassen jährlich mehr als 100’000 Fenster aus Holz die Fabrikationshallen in Hochdorf/LU. Die anfallenden Holzabfälle werden konsequent für die Energiegewinnung genutzt, wodurch jährlich rund 220’000 Liter Heizöl eingespart werden kann.

SCENE – eine «Joint Initiative» des ETH-Bereichs

Das «Swiss Center of Excellence on Net-Zero Emissions» (SCENE) ist eine gemeinsame Initiative aller sechs Institutionen des ETH-Bereichs, die teilweise vom ETH-Rat finanziert wird. Gemeinsam betreiben die Partner interdisziplinäre Forschung, um die Schweiz bei der Erreichung des Netto-Null-Ziels bis ins Jahr 2050 zu unterstützen. Die beiden Empa-Labore «Technologie und Gesellschaft» und «Cellulose and Wood Materials» arbeiten gemeinsam mit dem PSI und der WSL am Arbeitspaket «Biomasse-Kohlenstoffkreislauf».
www.scene-project.ch