Leuchtendes Holz: Biolumineszenz bei einem Pilz.

Holz, das leuchtet?

Um Schweizer Laubholz künftig nachhaltiger zu nutzen, anstatt es einfach zu verheizen, werden neue Verwendungsbereiche gesucht. Forschende der Empa arbeiten daran, Holz mit zusätzlichen Eigenschaften auszurüsten. Ihr neuester Durchbruch: Leuchtendes Holz.

Biolumineszenz ist ein Phänomen, das in der Natur bei verschiedenen Lebewesen vorkommt. Dabei wird durch chemische Reaktionen Energie in Form von Licht und Wärme freigesetzt. Vergleicht man die Lichtausbeute dieser Reaktionen – die sogenannte Quantenausbeute – liegt das Glühwürmchen mit 40 % an der Spitze. Leuchtquallen erreichen 17 %, während Leuchtpilze auf etwa 2 % kommen.

Laubbäume gegen Klimastress – und neue Nutzungsideen für ihr Holz

Um den Herausforderungen des Klimawandels und dem zunehmenden Befall durch Borkenkäfer zu begegnen, setzt die Schweizer Forstwirtschaft vermehrt auf das Pflanzen von Laubbäumen. Deren Holz sollte möglichst mehrfach und über längere Zeiträume hinweg genutzt werden, bevor es letztlich als Brennstoff dient – denn beim Verbrennen wird das zuvor gebundene CO₂ wieder freigesetzt. Aktuell wird Laubholz jedoch noch zu oft direkt zur Energiegewinnung verwendet. Es braucht daher innovative Ansätze für eine nachhaltigere, sogenannte Kaskadennutzung. Eine Option: Laubholz mit neuen, funktionalen Eigenschaften ausstatten – zum Beispiel so, dass es magnetisch, wasserabweisend oder sogar stromerzeugend wird.

Ein Forschungsteam unter der Leitung des Pilzexperten Francis Schwarze vom Labor für «Cellulose & Wood Materials» an der Empa in St. Gallen verfolgt derzeit einen weiteren vielversprechenden Ansatz in ihrer Entwicklung: leuchtendes Holz als neuartiges Verbundmaterial. Neben technischen Anwendungen, beispielsweise für Türen oder Fensterrahmen, sind auch kreative Einsatzmöglichkeiten im Designbereich denkbar – etwa für Möbel oder Schmuck.

Francis Schwarze mit Holzproben. Bild: Empa
Francis Schwarze mit Holzproben. Bild: Empa

Lebendige Materialien im Zusammenspiel

Möglich wurde diese Innovation durch einen Pilz, der eigentlich als Schädling gilt: Der Hallimasch, ein Verursacher der sogenannten Weissfäule bei Bäumen, produziert bei bestimmten Arten den Naturstoff Luciferin. Dieser kann in einem zweistufigen enzymatischen Prozess zum Leuchten angeregt werden. Ist das Holz von Pilzfäden durchwachsen, beginnt es in einem grünlichen Licht zu schimmern.

«Natürlich leuchtendes Holz wurde das erste Mal vor rund 2400 Jahren durch den griechischen Philosophen Aristoteles beschrieben», erklärt Francis Schwarze. Die enge Verbindung von Pilz und Holz stellt ein sogenanntes natürliches Biohybrid dar – ein Geflecht aus lebendigen Materialien. «Künstlich erzeugt wären derartige Kompositmaterialien für viele Anwendungsarten interessant», verdeutlicht der Empa-Forscher. Doch während die Natur diese Prozesse scheinbar mühelos beherrscht, war ihre Reproduktion im Labor bisher eine grosse Herausforderung. Nun ist es dem Team der Empa erstmals gelungen, den Prozess unter kontrollierten Bedingungen zu initiieren und zu steuern.

Vom Wald ins Forschungslabor

Der Biotechnologe Francis Schwarze entdeckte die leuchtenden Pilzarten in freier Natur und analysierte sie anschliessend im Labor. Dabei entschlüsselte er ihren genetischen Code. Als besonders geeignet erwies sich der Ringlose Hallimasch (Desarmillaria tabescens). Nach ersten Tests mit verschiedenen Holzarten fiel die Wahl auf Balsaholz (Ochroma pyramidale), das sich aufgrund seiner äusserst geringen Dichte als besonders geeignet erwies. Mithilfe spektroskopischer Methoden beobachteten die Forschenden, wie der Pilz im Holz das Lignin – verantwortlich für Festigkeit und Druckstabilität – zersetzt. Dass dabei die mechanische Stabilität des Holzes dennoch erhalten bleibt, zeigten Analysen per Röntgendiffraktion: Die Cellulose, die dem Holz seine Zugfestigkeit verleiht, blieb unbeschädigt.

Leuchtendes Holz: Holzproben, die mit dem Hallimasch-Pilz Desarmillaria tabescens behandelt wurden, leuchten grün in der Dunkelheit. Bild: Empa
Holzproben, die mit dem Hallimasch-Pilz Desarmillaria tabescens behandelt wurden, leuchten grün in der Dunkelheit. Bild: Empa

Ein feuchtigkeitsliebendes Biohybrid

Die höchste Leuchtintensität erreicht das Biohybrid aus Pilz und Holz nach drei Monaten Inkubationszeit im Brutschrank. Dabei zeigte sich, dass Desarmillaria besonders feuchte Bedingungen bevorzugt: Die Balsaholzproben nahmen in diesem Zeitraum das Achtfache ihres Eigengewichts an Wasser auf. Sobald das Material mit Luft in Kontakt kommt, wird im Holz eine enzymatische Reaktion ausgelöst. Ihren Höhepunkt erreicht die Leuchtkraft rund zehn Stunden nach der Aktivierung. Dabei wird grünes Licht mit einer Wellenlänge von 560 Nanometern emittiert – wie Giorgia Giovannini vom Empa-Labor für «Biomimetic Membranes and Textiles» mittels Fluoreszenzspektroskopie festgestellt hat. Der faszinierende Leuchtprozess hält aktuell etwa zehn Tage an. «Jetzt optimieren wir die Labor-Parameter, um die Leuchtkraft künftig weiter zu steigern», so die Empa-Forschenden.

Holz, das leuchtet? Wer weiss, vielleicht bietet 4B in einigen Jahren tatsächlich Türen oder Fensterrahmen an, die nachts dezent schimmern.