Jürgen Scandone, hier in Ihrem Büro und im Sitzungszimmer stapeln sich Materialmuster, Mockups, Modelle ganzer Fenster und zahlreiche Beschläge. Was sind die momentanen Fokusthemen und Schwerpunkte in Ihrer Arbeit?
Wir arbeiten laufend und kontinuierlich an der Weiterentwicklung bestehender Produkte und an Entwicklungen für künftige Neuheiten. Pro Jahr gelangen im Schnitt zwei bis drei Erweiterungen, Weiterentwicklungen oder Neuheiten ins laufende Produktportfolio.
Wie viele Personen arbeiten in der Entwicklungsabteilung?
In der eigentlichen Entwicklungsabteilung arbeiten vier Personen. 4B ist damit einer der wenigen Fensterhersteller, die sich eine eigene Entwicklungsabteilung leisten. Aus unserer Sicht ist das eine wichtige Investition in die Zukunft. Die übergeordnete Abteilung «Innovation & Digitalisierung», zu der auch mein Bereich gehört, besteht zusätzlich aus den Abteilungen Produktmanagement, Marketing, technischer Support und Digitalisierung. Da sind insgesamt schon einige Spezialisten involviert.
Inwiefern werden Anfragen, Wünsche und Bedürfnisse von Architekten, Planern oder Bauherrschaften in den Innovationsprozess einbezogen?
Auslöser für neue Produkte können von aussen oder von innen kommen. Von aussen heisst, dass wir zum Beispiel auf Neuerungen oder Änderungen bei SIA Normen reagieren müssen und bestehende Produkte anpassen und weiterentwickeln. Von innen heisst, dass sich durch Marktstudien, das Produktmanagement oder Workshops mit Architekten gewisse Marktbedürfnisse herauskristallisieren und uns zum Handeln bewegen. Neue Lösungen sind also immer die Folge von Marktbedürfnissen.
Wie muss man sich den 4B internen Innovationsprozess vorstellen?
Jede Entwicklung, egal ob von Grund auf neu oder als Verbesserung eines bestehenden Produkts, wird anhand eines Pflichten- und Lastenhefts durchgeführt. Die Spezifikationen und Entwicklungsschritte können dadurch klar definiert und laufend überprüft werden. Jede Entwicklung läuft gemäss unserem PEP ab, dem Produkt-Entwicklungs-Prozess, bei dem jeder Schritt nach ISO nachvollziehbar dokumentiert wird. Nur so kann das neue Produkt schlussendlich auch zertifiziert werden. Die Entwicklungsstadien gliedern sich in verschiedene Schritte. Zuerst geht es darum, ein gemeinsames, klares Verständnis für die Entwicklung zu bekommen, dann werden Mockups und Prototypen gebaut. Diese werden verschiedenen Tests unterzogen, beispielsweise zur Luftdichtheit, Schlagregendichtheit oder Stossfestigkeit.
Nach einem «go for one» wird entschieden, welcher oder welche Prototypen weiter konstruiert und entwickelt werden. Erreicht das neue Projekt einen gewissen Entwicklungsschritt, erfolgt die Konstruktionsfreigabe. Es folgt die Kostenkalkulation und die Implementierung der Daten für die serielle Fertigung. Anhand einer 0-Serie wird ein kompletter Auftragsdurchlauf bis zur Abnahme beim Kunden durchgeführt. Ist das Projekt beim finalen Entwicklungsschritt angekommen, bedeutet dies, dass es fertig implementiert, komplett getestet und auch vollständig zertifiziert ist. Dann können der Verkauf und die Serienherstellung starten.
Wie lange dauern solche Entwicklungsprozesse?
Das kommt jeweils auf die Komplexität des Projekts an. Und auf die Bereitschaft des Marktes, dieses aufzunehmen. Für das Renovationsfenster RF1, um nur ein Beispiel zu nennen, habe ich bereits vor rund neun Jahren eine Weiterentwicklung vorgeschlagen. Doch Marktabklärungen haben ergeben, dass das Interesse noch zu gering sei. Mittlerweile wurde diese Weiterentwicklung weiter optimiert und steht kurz vor der Markteinführung. Normalerweise benötigen Neuentwicklungen jedoch nicht neun Jahre. Ein komplettes Fenstersystem entsteht in rund drei Jahren.