Portraitfoto von Jürgen Scandone, Leiter Entwicklung bei 4B
Im Gespräch mit dem Leiter Entwicklung

Blick in die Zukunft

Seit 1896 entwickelt, produziert, vertreibt und montiert 4B wegweisende Fenster und Fassaden. Heute ist das Unternehmen Schweizer Marktführer für die intelligente Gebäudehülle. Damit das so bleibt, investiert 4B stark in Forschung und Entwicklung. Jürgen Scandone, Leiter Entwicklung, gibt Auskunft, wie und an was hinter seiner Tür getüftelt wird.

Jürgen Scandone, hier in Ihrem Büro und im Sitzungszimmer stapeln sich Materialmuster, Mockups, Modelle ganzer Fenster und zahlreiche Beschläge. Was sind die momentanen Fokusthemen und Schwerpunkte in Ihrer Arbeit?

Wir arbeiten laufend und kontinuierlich an der Weiterentwicklung bestehender Produkte und an Entwicklungen für künftige Neuheiten. Pro Jahr gelangen im Schnitt zwei bis drei Erweiterungen, Weiterentwicklungen oder Neuheiten ins laufende Produktportfolio.

Wie viele Personen arbeiten in der Entwicklungsabteilung?

In der eigentlichen Entwicklungsabteilung arbeiten vier Personen. 4B ist damit einer der wenigen Fensterhersteller, die sich eine eigene Entwicklungsabteilung leisten. Aus unserer Sicht ist das eine wichtige Investition in die Zukunft. Die übergeordnete Abteilung «Innovation & Digitalisierung», zu der auch mein Bereich gehört, besteht zusätzlich aus den Abteilungen Produktmanagement, Marketing, technischer Support und Digitalisierung. Da sind insgesamt schon einige Spezialisten involviert.

Inwiefern werden Anfragen, Wünsche und Bedürfnisse von Architekten, Planern oder Bauherrschaften in den Innovationsprozess einbezogen?

Auslöser für neue Produkte können von aussen oder von innen kommen. Von aussen heisst, dass wir zum Beispiel auf Neuerungen oder Änderungen bei SIA Normen reagieren müssen und bestehende Produkte anpassen und weiterentwickeln. Von innen heisst, dass sich durch Marktstudien, das Produktmanagement oder Workshops mit Architekten gewisse Marktbedürfnisse herauskristallisieren und uns zum Handeln bewegen. Neue Lösungen sind also immer die Folge von Marktbedürfnissen.

Wie muss man sich den 4B internen Innovationsprozess vorstellen?

Jede Entwicklung, egal ob von Grund auf neu oder als Verbesserung eines bestehenden Produkts, wird anhand eines Pflichten- und Lastenhefts durchgeführt. Die Spezifikationen und Entwicklungsschritte können dadurch klar definiert und laufend überprüft werden. Jede Entwicklung läuft gemäss unserem PEP ab, dem Produkt-Entwicklungs-Prozess, bei dem jeder Schritt nach ISO nachvollziehbar dokumentiert wird. Nur so kann das neue Produkt schlussendlich auch zertifiziert werden. Die Entwicklungsstadien gliedern sich in verschiedene Schritte. Zuerst geht es darum, ein gemeinsames, klares Verständnis für die Entwicklung zu bekommen, dann werden Mockups und Prototypen gebaut. Diese werden verschiedenen Tests unterzogen, beispielsweise zur Luftdichtheit, Schlagregendichtheit oder Stossfestigkeit.

Nach einem «go for one» wird entschieden, welcher oder welche Prototypen weiter konstruiert und entwickelt werden. Erreicht das neue Projekt einen gewissen Entwicklungsschritt, erfolgt die Konstruktionsfreigabe. Es folgt die Kostenkalkulation und die Implementierung der Daten für die serielle Fertigung. Anhand einer 0-Serie wird ein kompletter Auftragsdurchlauf bis zur Abnahme beim Kunden durchgeführt. Ist das Projekt beim finalen Entwicklungsschritt angekommen, bedeutet dies, dass es fertig implementiert, komplett getestet und auch vollständig zertifiziert ist. Dann können der Verkauf und die Serienherstellung starten.

Wie lange dauern solche Entwicklungsprozesse?

Das kommt jeweils auf die Komplexität des Projekts an. Und auf die Bereitschaft des Marktes, dieses aufzunehmen. Für das Renovationsfenster RF1, um nur ein Beispiel zu nennen, habe ich bereits vor rund neun Jahren eine Weiterentwicklung vorgeschlagen. Doch Marktabklärungen haben ergeben, dass das Interesse noch zu gering sei. Mittlerweile wurde diese Weiterentwicklung weiter optimiert und steht kurz vor der Markteinführung. Normalerweise benötigen Neuentwicklungen jedoch nicht neun Jahre. Ein komplettes Fenstersystem entsteht in rund drei Jahren.

Im Meetingraum erklärt Mann an einem Prototypen

Inwiefern steht 4B unter Druck, immer wieder neue Produkte lancieren zu müssen?

4B will für Architekten der ideale Partner sein, wenn es darum geht, für Neubau-, Umbau- oder Sanierungsprojekte ideale und projektspezifische Lösungen anbieten zu können. Wir sind deshalb bestrebt, für jede Anforderung die perfekte Lösung bieten zu können. Wir optimieren unsere Lösungen laufend und entwickeln neue Produkte, da sich ja auch Normen, der Markt und dessen Anforderungen laufend ändern.

Inwiefern haben die Digitalisierung und Automatisierung das Produktsortiment von 4B bereits beeinflusst?

Man sagt zwar Holz und Kabel beissen sich, was heissen soll, dass Holzverarbeiter keine Stromer sind. Doch bei 4B sind wir sehr offen, was Automation, Motorisierung und die entsprechenden Installationen betrifft. Hierfür haben wir interne Spezialisten. Unsere eigens entwickelte motorisierte Hebeschiebetüre ST2 auto move ist das beste Beispiel für eine kostengünstige und effiziente Automation. Mit KNX, Sensoren, Fernbedienungen, Automatisierungen oder Vernetzungen beschäftigen wir uns täglich. Das Smart Home und die intelligente Fassade sind hochaktuelle Themen bei 4B, die bereits in den verschiedensten Referenzobjekten zur Anwendung gekommen sind. Auch bei der Digitalisierung der Infrastruktur und von Prozessen sowie der Automatisierung gewisser Produktionsschritte unternimmt 4B laufend grosse Anstrengungen zur Optimierung.

Was darf man in naher Zukunft von 4B erwarten? Welche Innovationen sind in der Pipeline?

So lange die in Entwicklung stehenden Lösungen nicht markttauglich und verfügbar sind, kann ich leider nichts sagen. Wir wollen ja keine falschen Hoffnungen wecken. Doch so viel ist klar: Bis Ende Jahr werden einige Neuheiten und auch Weiterentwicklungen lanciert. Im 125igsten Jahr unseres Bestehens darf man von 4B also einiges erwarten.

Skizze Schiebtüre ST2