Quartier Zwhatt: Ansicht des neuen Holz-Hochhause in Zürich
Innovatives Holz-Hochhaus

Zwhatt, Zürich

In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Regensdorf-Watt entsteht im Rahmen eines wegweisenden Projekts ein neues Quartier: Zwhatt. Darunter ist auch ein bereits preisgekröntes Hochhaus aus der Feder von Boltshauser Architekten. Die innovative Holz-Hybrid-Bauweise setzt neue Massstäbe in Sachen nachhaltiges Bauen und Umweltschutz – und wird optimal ergänzt durch das Holz-Metall-Fenster NF1 xt von 4B.

Das Quartier «Zwhatt» verdankt seinen Namen seiner Lage zwischen Hardhölzli und Schlatt. Das ehemalige Industrieareal, auf dem einst die Gretag AG einst Fotoapparate herstellte, zählt zum Areal Bahnhof Nord, mit dem die Gemeinde Regensdorf über das zweitgrösste Entwicklungsgebiet im Kanton Zürich verfügt. Teile des 21 Hektaren grossen Areals wurden kürzlich von der Anlagestiftung Turidomus, vertreten durch die Pensimo Management AG erworben. Diese will das Areal in ein gemischt genutztes, und klimaneutrales Stadtquartier mit verschiedenen bezahlbaren Wohnformen sowie Gewerbe- und Dienstleistungsflächen umwandeln. Hier soll in Zukunft ein Stadtteil entstehen, der die drei bisherigen Stadteile von Regensdorf zu einer Mittelstadt zusammenfasst. Der Masterplan für diese Vision stammt vom Architekten Peter Märki. Er sieht Wohnraum für rund 2’000 Menschen sowie 15’000 m2 Büro- und Gewerbeflächen vor, inklusive Kunstmuseum, Gastroangeboten, Open-Air-Kino, Sauna, Gemeinschafts- und Begegnungsräumen zu schaffen. In zwei Bauetappen entstehen rund 650 Mietwohnungen.

Erstes Holzhochhaus in Zürich

Eines der bereits errichteten Gebäude ist das Hochhaus H1. Es entstand nach dem Entwurf von Boltshauser Architekten, der die Wettbewerbsjury als «wegweisender Stadtbaustein im neuen, der Nachhaltigkeit verpflichteten Zwhatt‐Areal» überzeugte. Das 24-stöckige Gebäude umfasst 156 Wohnungen mit 1,5 bis 5,5 Zimmern, einen zweigeschossigen Gemeinschaftsraum sowie einen eigenen Waschsalon hoch über dem Areal. Im Sockelgeschoss Stehen auf drei Etagen rund 770 Quadratmeter Büro- und Gewerbefläche zur Verfügung. Die Aufgabe einen ökologisch und sozial nachhaltigen Neubau schlüssig in ein Umfeld mit zwei bestehenden Industriebauten zu integrieren, lösten die Architekten mit einem Bau in Holz-Hybrid-Bauweise. Der Erschließungskern des 75 Meter hohen Turms besteht ebenso wie der dreigeschossige Sockel aus Beton. Auch die Zwischendecken der 21 Wohngeschosse bestehen aus dünnen Betonplatten. Das übrige Skelett – tragende Stützen und Unterzüge sowie die Aussenwand – besteht aus Holz. Hierfür wurden vorgefertigte Holzelemente verwendet.

Funktional und filigran zugleich

Der massive, mit Stampflehm verkleidete Sockel bildet mit seinen markanten Betonstützen optisch und funktional einen auskragenden Tisch, auf dem der filigrane Holzbau ruht. Rücksprünge im Sockelbereich sorgen für Eingangssituationen, die räumlich mit der Umgebung interagieren und den Neubau in einen Dialog mit der Umgebung setzen. Die Wohnungen sind im Holzbau um den Betonkern herum als Sechs- bis Achtspänner angeordnet. Jeweils vier Wohnungen sind über Eck angeordnet und somit zweiseitig belichtet. Entsprechend der Holzbauweise sind die Wohnungstypen modular aufgebaut und angeordnet, was eine hohe Flexibilität in der horizontalen und vertikalen Organisation der Wohnungen ermöglicht. Räumlich wurde eine Vielzahl von Typologien entwickelt, die unterschiedlichste Nutzungsprofile bedienen können. Die Kombination von Schweizer Buchenholz mit Beton gewährleistet nicht nur eine hohe Stabilität, sondern unterstreicht auch die nachhaltige Philosophie des Gebäudes. Im Vergleich zu einem Massivbau spart diese Tragkonstruktion rund 20 Prozent oder 670 Tonnen CO2, gerechnet auf einen Lebenszyklus des Hauses von 80 Jahren. Zusätzlich speichert das verwendete Holz rund 1500 Tonnen CO2. Der natürliche Rohstoff sorgt zudem für mehr Behaglichkeit und eine bessere Raumluftqualität. Architekt Roger Boltshauser sieht es als Stärke, dass «die Bewohnerinnen und Bewohner in Wohnungen leben, in denen das Konzept der Konstruktion sichtbar ist. Die Balken, die Stützen, die Struktur, alles bleibt sichtbar. Man wohnt in der Holzstruktur.

Mit Holz hoch hinaus: «Redwood»-Fassade

Wegen seiner rötlichen Fassade, die an Mammutbäume in Nordamerika erinnert, erhielt das Hochhaus den Projektnamen «Redwood». Ihre Struktur erhält die Fassade vor allem durch die Anordnung der grossformatigen Fenster, deren Metallprofile ebenfalls gemäss Farbkonzepts des Gebäudes mit einer Pulverlackbeschichtung rötlich gefärbt wurden. Eine Variation an Fensterteilungen belebt die Struktur und deutet subtil auf die dahinterliegende Nutzung hin. Bei den eigesetzten Fenstern handelt es sich um das hochwärmegedämmte System NF1 xt von 4B. Die Holz-Metall Fenster zeichnen sich aus durch einen geringen Wärmedurchlassgrad, maximalen Schallschutz sowie eine nachhaltiges Materialverbindung. In der Variante xt sind besonders grosse Dimensionen möglich. Hier betragen die Masse der Fenster 3.65 x 2.55 Meter. Verbaut wurden 734 Rahmen des Neubaufensters und 1070 Flügel. Diese wurden bereits werkseitig durch die ERNE Holzbau AG in die Holzmodule verbaut und auf die Baustelle geliefert. Die Montage der Fenster in den Loggien erfolgte durch 4B, da die Loggien nicht Bestandteil der Aussenwandmodule sind. «Diese Fenster mussten vor Montage der Geschossdecken bereits ins Gebäude eingebracht werden, während ihre Endmontage erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfand», erklärt Mathias Stocker, Projektleiter bei Boltshauser Architekten. Die repetitive, modulare Bauweise erlaubte ansonsten einen hohen Grad an Vorfabrikation und damit eine kurze Bauzeit, was sich wirtschaftlich und ökologisch vorteilhaft auf das Projekt auswirkt.

Herausforderung Logistik

Eine Besondere Herausforderung stellte bei diesem Projekt die Logistik dar. Aufgrund der engen Platzverhältnisse auf der Baustelle mussten die angelieferten Holzmodule jeweils möglichst schnell verbaut werden. Nach Fertigstellung der Seitenwände und der Decke des jeweiligen Geschosses erfolgte die Fenstermontage. Durch das sukzessive Vorgehen -Wohnung für Wohnung und Stockwerk für Stockwerk – war eine exakte Lieferung «just in time» entscheidend. Aus Platzgründen konnten die Fensterrahmen nicht durch das Gebäude, sondern nur über einen Fassadenaufzug abtransportiert werden. Auch diese Rücklieferung musste gut geplant werden, um den Montageprozess nicht zu stören. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig eine durchdachte Logistik am Bau ist. Durch die genaue Abstimmung der Liefer- und Abtransport-Prozesse konnte sichergestellt werden, dass die Teams von Holzbau und Fenstermontage effizient zusammenarbeiten und der Bau planmässig voranschreitet.

«Die Fenster mussten vor der Montage der Geschossdecken in das Gebäude eingebracht werden, während die Endmontage zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte.»

– Mathias Stocker, Architekt und Projektleiter bei Roger Boltshauser Architekten

Nachhaltig gedacht und umgesetzt

Der nachhaltige Aspekt der Fassade wird durch die Integration einer Photovoltaikanlage zusätzlich unterstrichen. Die Solarmodule sind jeweils horizontal in eine Metallkonstruktion vor der Fassade eingesetzt. Auf diese Weise dienen sie gleichzeitig als Vordächer und damit als Sonnenschutz für die darunter liegenden Fenster und Balkone. Die Idee dazu entwickelte sich im Laufe des Projektes. Im Vergleich zu einer vertikalen PV-Anlage konnte die Fläche für die Stromerzeugung mehr als verdoppelt werden. Zusammen mit der großflächigen Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugen die Fassadenmodule einen Ertrag von bis zu 130.000 kWh/a und decken zusammen ca. 35 % des Strombedarfs der Wohnungen. Boltshauser Architekten und Pensimo wurden für ihren Holzhybridbau mit dem Anerkennungspreis für nachhaltiges Bauen an den Holcim Awards in Venedig 2023 ausgezeichnet. Das Projekt zeigt, dass effizientes und kostenoptimiertes Bauen nicht im Widerspruch zu ökologischer Nachhaltigkeit stehen muss. Roger Boltshauser war von Anfang an vom Gesamtkonzept Zwhatt überzeugt: «Ein ganzes Stadtquartier, in dem alles aufeinander Bezug nimmt, mit Nachhaltigkeit als festem Kernwert. Dieser Idee ordnet sich alles unter – auch unser Hochhaus». Die ersten Wohnungen im Quartier Zwhatt könnten in der zweiten Jahreshälfte 2023 bezogen werden. Das Hochhaus H1 wird voraussichtlich Mitte 2025 vollständig bezugsfertig sein.