Sanieren, umnutzen und vor allem: wiederverwenden
40 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen sind auf den Bau- und Gebäudesektor zurückzuführen. 1 Im Zusammenhang mit einem ressourcenschonenden Umgang mit Materialien und den Nachhaltigkeitsanforderungen wird heute immer öfter abgewogen, ob eine Liegenschaft wirklich neu gebaut oder nicht doch besser saniert werden soll. Im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit stehen hier neben der energieeffizienten Haustechnik auch die Dämmung der Fassade sowie die Wahl der richtigen Fenster im Fokus. Wird die Kreislaufwirtschaft miteinbezogen, stellen sich zudem folgende Fragen: Welche Materialien und Baubestandteile können und sollen wiederverwendet werden? Welche müssen hingegen ersetzt werden – nicht zuletzt aufgrund von gesetzlichen Vorgaben.
Potenzial des «Weiterbauens» noch lange nicht ausgeschöpft
In seinem Artikel «Zeitenwende. Besser Bauen im Bestand» in der BauRUNDSCHAU 01/2023 stellt Fachautor Georg Lutz fest, dass «das Potenzial des Reparierens und Weiterbauens noch lange nicht ausgeschöpft [ist].»2 Abriss und Neubau seien häufig noch immer die Antwort auf den Umgang mit Gebäuden, die anscheinend nicht mehr geltenden Normen, der aktuellen Marktlage oder einer effizienten Nutzung entsprechen. Schaut man allerdings in die Geschichte zurück, dann sind Formen des Umbauens so alt wie die Architektur selbst, denn das Bevölkerungswachstum, die sich verändernde Gesellschaft und neue Technologien verändern permanent auch die Nutzungsanforderungen an Bestandsbauten.
Weiterbauen = Weiterdenken
Die Umnutzung und das Weiterbauen von Industriearealen hat in der Schweiz eine lange Tradition und ist noch nicht abgeschlossen. Beim aktuellen Projekt der K.118 in Winterthur wurden beispielsweise verschiedene Nachhaltigkeitsstrategien vom Bauen im Bestand verfolgt. Zum einen wurde das dreistöckige Gebäude um drei Etagen aufgestockt. Zum anderen wurden für die Umnutzung in Werkstätten und Ateliers 70 Prozent der Bauelemente wiederverwendet.3
Gesellschaftliche und technologische Veränderungen machen sich aktuell auch beim Flächenbedarf für Büros bemerkbar. Das vermehrte Arbeiten im Home-Office seit der Corona-Pandemie sowie die Digitalisierung reduzieren den Bedarf an Büroflächen, was zu einem höheren Leerstand bei Bürogebäuden führt. Es kann für Immobilienfirmen zwar interessant sein, diese in dringend benötigten Wohnraum zu verwandeln, jedoch gibt es diesbezüglich einige Herausforderungen und Stolpersteine zu berücksichtigen.4
Energetische Sanierung im Denkmalschutz
Eine gelebte Praxis in der Schweiz ist auch der Erhalt von schützenswerten Objekten. Die Zeitzeugen einer Epoche kommen jedoch irgendwann in die Jahre. Damit sie ihren Nutzungszweck weiterhin vollumfänglich erfüllen können, müssen sie entsprechend energetisch ertüchtigt sowie aktuellen Bedürfnissen angepasst werden. Dies demonstrieren zahlreiche historische Gebäude, Museumsbauten, Fabrikhallen, aber auch Infrastrukturgebäude wie etwa Tramdepots.