Innovative, integrierte Projektabwicklung

Partnerschaftlich bauen mit IPD

Obwohl die Baubranche boomt, sind sich die verschiedenen Stakeholder einig, dass die Produktivität und Innovationskraft stagniert – trotz Digitalisierung. Der Fokus wird daher immer mehr auf Prozessoptimierungen gelegt. Die Methode der integrierten Projektabwicklung (Integrated Project Delivery, IPD) hilft dabei durch das frühzeitige partnerschaftliche Einbinden aller am Bau Beteiligten, Prozesse besser und effizienter zu gestalten.

Die Bauindustrie steht unter hohem Druck aus Wirtschaft und Politik. Einerseits wird in der Schweiz mehr gebaut denn je. Andererseits sind die Prozesse komplexer und anspruchsvoller geworden, und die Kosten steigen weiter. Derzeitige Projektabwicklungssysteme verbessern trotz Digitalisierung nicht wesentlich die Effizienz und Produktivität. Gegensätzliche Ziele und Interessen zwischen Bauherrschaften, Bauunternehmen und weiteren Beteiligten sind zusätzliche Stolpersteine.

Als Reaktion darauf wurde die Methode der integrierten Projektabwicklung IPD entwickelt. IPD stellt eine Projektabwicklungsmethode dar, die sich durch eine frühzeitige, kooperative und kollektive Einbindung der wichtigsten Interessensgruppen in allen Phasen der Projektdurchführung auszeichnet. (1) Dieser Ansatz, der völlig neue Zusammenarbeits- und Kulturformen etabliert, ist aktuell in den Prozessen und Normen noch nicht vorgesehen. Dies, obwohl mit BIM (Building Information Modelling) zwar alle zur Planung, Ausführung und Bewirtschaftung benötigten Daten erfasst, nicht jedoch alle Ausführenden sowie Bewirtschaftenden in den Planungsprozess gemeinsam eingebunden sind. (2)

Um auch in der Schweiz die innovative Projektabwicklung voranzutreiben, wurde das IPD LAB als schweizweit neutrale Plattform gegründet. Das erklärte Ziel des IPD LAB ist es, «gemeinsam mit unseren Mitgliedern ein Verständnis zu schaffen für das Thema IPD und die Voraussetzungen zu erarbeiten, um schweizweit aus derzeitigen Pilotprojekten etablierte Standardprozesse zu definieren». (1)

Rendering des neuen Werkgebäudes der Firma Thermoplan in Weggis (LU)
Das neue Werkgebäude der Firma Thermoplan in Weggis (LU), Bild (c) Thermoplan AG

Pionierprojekt «unique» von Thermoplan

Eines der Pionierprojekte, die durch das IPD LAB begleitet werden, ist das neue Gebäude «unique» des Zentralschweizer Kaffeemaschinen-Herstellers Thermoplan AG. Es ist eines der bislang grössten IPD-Projekt in der Schweiz und entsteht in Weggis (LU). Mit der Anwendung der IPD-Methode verdeutlicht die Thermoplan AG auch ihre Firmenphilosophie, die beinhaltet, dass sich mit dem starken Involvement aller Mitwirkenden bestmögliche Erfolge erzielen lassen. (3) Fabian Auchli, Verkaufsleiter Fassaden bei 4B, ist seit Beginn im Executive Board des IPD-Gremiums für den Thermoplan-Neubau mit von der Partie. Das Executive-Team ist das eigentliche Kontrollorgan des Projekts. Es übernimmt die strategische und ideelle Steuerung und setzt sich aus jeweils zwei Vertretern der Auftraggeberin, aus dem Planungsteam, den Auftragnehmern sowie aus dem Management-Team zusammen. «Zum einen ist das Executive-Team IPD-Visionsgeber und unterstützt bei der Auswahl von Partnern», beschreibt Fabian Auchli die konkreten Aufgaben des Executive Boards. «Zum anderen überwachen wir die Projektversprechen, die Ziele und Kennzahlen.»

«Das IPD Executive-Team ist Visionsgeber und überwacht die Projektversprechen, Ziele und Kennzahlen.»

Fabian Auchli, Verkaufsleiter Fassaden bei 4B und Mitglied im Executive Team für den Bau von «unique»

Transparente Kommunikation und effiziente Entscheidungsfindung

Da alle am Bau Beteiligten (Auftraggeber, Planer, Unternehmer, Lieferanten usw.) möglichst früh ins Boot geholt wurden, stand bereits in einer frühen Phase eine grosse Informationsmenge zur Verfügung. Sämtliche (Bau-)Daten der unterschiedlichen Unternehmen wurden generiert, gesammelt und in den digitalen Zwilling des Neubaus implementiert. Der Vorteil: Schnittstellen zwischen den einzelnen Unternehmern können jeweils sehr transparent besprochen und immer die beste Lösung gesucht werden.

«Der Austausch ist dank dem IPD-Modell offener als bei traditionellen Bauprojekten, wo die einzelnen Phasen sequenziell ablaufen, und die Gewerke erst an Bord kommen, wenn sie die eigenen Aufgaben erledigen», so Fabian Auchlis positive Erfahrung. «Wenn das gesamte Projekt von allen Beteiligten durch den digitalen Zwilling verstanden wird, werden mehr Gedanken, Erfahrungen und Herzblut eingebracht und damit das Resultat positiv beeinflusst.»

Die Digitalisierung zwinge einen zudem, Prozesse laufend zu hinterfragen. Mit dem digitalen Bauen können in Bezug auf die Realisierung und die Aspekte Qualität, Zeit und Kosten bessere Entscheidungen getroffen werden, da dank BIM bereits in einer sehr frühen Phase des Baus die wichtigen Zusammenhänge abgebildet sind. «So lassen sich beispielsweise Kollisionen von Gebäudetechnik-Leitungen vermeiden und Dimensionen von Erschliessungen frühzeitig realistisch bestimmen», erklärt der 4B Fassadenleiter.

Gegenseitiges Vertrauen als Voraussetzung

Mit IPD sowie BIM und dem digitalen Zwilling in der Cloud erschliessen sich für die interdisziplinär vernetzten Teams eine Vielzahl weiterer Vorteile. So finden Sitzungen online statt und digitale Kommunikation ist in Echtzeit möglich. Dies gestaltet die Zusammenarbeit effizient und effektiv.

«Wichtig ist dabei jedoch, dass das gegenseitige Vertrauen hoch ist und auch unangenehme Themen offen und transparent miteinander besprochen werden», ergänzt der 4B Fassadenleiter. Leider sei dies in der Schweizer Baubranche keine Selbstverständlichkeit mehr. Dass Qualität und Effizienz nur dann möglich sind, wenn alle Beteiligten gemeinsame Ziele definieren und anschliessend am selben Strick ziehen, müsse sich erst etablieren. «Ein wichtiger positiver Aspekt ist für mich aber auch, dass wir von 4B uns mit dieser Methode als ein wichtiger Projektpartner wahrnehmen. Dies erfüllt uns mit Stolz und Motivation bei der täglichen Arbeit.»