Eine intelligente Fassade entsteht: Das Grossprojekt unique von Thermoplan im Gerüst von Aussen betrachtet
Eine intelligente Fassade entsteht

Montage bei Thermoplan (LU) in vollem Gang

Der Neubau unique zeichnet sich besonders durch seine moderne Gestaltung und den hohen Glasanteil der Fassade aus. Seit mehr als 20 Jahren ist die 4B AG aus Hochdorf in den Entstehungsprozess der verschiedenen Bauten am Thermoplan-Sitz eingebunden. Mit der Umsetzung einer smarten Fassade, die sich je nach Witterung automatisch abdunkelt, kann sich 4B erneut in partnerschaftlicher Zusammenarbeit beweisen.

Eine intelligente Fassade entsteht: Reto Wyssen vor dem Neubau unique von Thermoplan

Auf einen Kaffee mit unserem Montage-Experten Roberto Wyssen

Als Teamleiter für Fassadenprojekte bei 4B ist er für die umfassenden Arbeiten an der Gebäudehülle beim Kaffeemaschinenhersteller Thermoplan verantwortlich. Wir haben ihn zum Gespräch vor Ort in Weggis getroffen.

Der Thermoplan-Neubau «unique» bekommt in diesen Tagen gerade seine Gebäudehülle: Wie lässt sich die Fassade umschreiben?

Bei der Konzeption und Planung des Gebäudes wird deutlich, dass Bauherr und Architekt sehr grossen Wert auf die Wiedererkennbarkeit und Nachhaltigkeit der Fassade gelegt haben. Zudem spiegelt sich der Innovationsgedanke der Firma Thermoplan auch in einer intelligent steuerbaren Gebäudehülle wider. Denn sowohl bei Kaffeemaschinen als auch bei einer Fassade ist eine leistungsfähige und verlässliche Technologie massgebend.

Wieviel Zeit ist für die Montage der Fassade eingeplant?

Mit rund 200 Elementen montieren wir dort eine sehr grosse Fassadenfläche. Wir sind bereits seit Mitte Juli 2023 gestartet und werden bis zur geplanten Fertigstellung im April 2024 mit dem Montageteam vor Ort an der Gebäudehülle arbeiten.

Eine intelligente Fassade entsteht: Aussenansicht des neuen Gebäudes der Thermoplan

Was sind spannenden Aspekte bei dieser Fassadenmontage?

Für mich als Montageleiter ist an dem Objekt eigentlich alles besonders spannend (lacht), nicht zuletzt, weil wir dort bereits unser neu lanciertes FS2 Fassadensystem verbauen. Das heisst, dass wir besonders die neue technische Ausstattung beachten müssen. Die Elemente sind keine Standardlösungen, sondern wurden extra für das Objekt angefertigt, was die Montage immer spannend macht. Auch die Zusammenarbeit auf der Baustelle mit den anderen Unternehmen und der Bauherrschaft ist partnerschaftlich und auf Augenhöhe – man unterstützt sich vor Ort gegenseitig.

Eine intelligente Fassade entsteht: Monteuer auf dem Gerüst beim Einsetzen der Fassade

Wo liegen die Herausforderungen bei dieser Fassadenmontage?

Die Grösse insgesamt und der relativ kurze Zeitraum für so ein Grossprojekt ist sportlich. Daher sind wir auch mit einem 20-köpfigen Montageteam vor Ort, die an 4 Stellen gleichzeitig arbeiten. Das bedeutet viel Koordination und wir müssen alles gut im Überblick behalten und im Fall schnell reagieren.

Wird die Gesamtfläche der Fassade in Teams aufgeteilt? Wie ist das Vorgehen bei den Montagearbeiten?

Wir setzen bei der Montageplanung wechselnde Schwerpunkte und terminieren die Arbeiten entsprechend. Bis Ende 2023 soll der Bau dicht werden, um vor der Witterung im Winter bestmöglich geschützt zu sein. Entsprechend teilen wir die Montage und die Teams in Sektoren auf. Vom Ablauf her beginnen wir immer mit der Montage der Elemente, damit der Bau schnell dicht wird. Dann folgt die Dämmung und abschliessend montieren wir die Blechfassade aussen.

Mit Gerüst eingekleidetes neues Gebäude der Thermoplan

Von welchen Faktoren ist eine effiziente und reibungslose Abwicklung der Montagearbeiten abhängig?

Eine sorgfältige Planung auf der Baustelle ist durch verschiedene Fertigungsstufen unerlässlich. Wegen der begrenzten Platzverhältnisse ist es dabei nicht möglich, grosse Mengen vorrätig zu halten und die Materiallieferung muss gut koordiniert sein. Auch die Kommunikation und Abstimmung aller Beteiligten vor Ort entscheidet zusammen mit einem gut geschulten Team über eine reibungslose Abwicklung – denn die Fassadenmontage erfordert Präzision, Fachkenntnisse und Kooperation.

Inwiefern hat das Wetter Einfluss auf die Montagearbeiten und die benötigte Zeit? Inwieweit können Verzögerungen vorausgeplant und verhindert werden?

Das Wetter hat einen grossen Einfluss. Entsprechend kann es für das Team herausfordernd sein, wenn z. B. viel Wind, Regen oder extreme Temperaturen herrschen. Wenn es im Sommer sehr heiss ist, arbeitet man anders als bei normaler, durchschnittlicher Temperatur. Mit dem Herbst kommen Regen und teilweise starker Wind. Das ist nicht nur für die Montage am Gerüst weniger angenehmen, sondern starker Wind kann auch die Kranarbeiten der Elemente beeinträchtigen. Wenn sich ein tonnenschweres Element am Kran dreht, kann das schnell gefährlich werden. Da wir die Wetterverhältnisse aber nun mal nicht beeinflussen können, müssen wir flexibel sein und die Jahreszeit auch in der Planung berücksichtigen.

Mit Gerüst eingekleidetes neues Gebäude der Thermoplan

Beim Thermoplan-Neubau «unique» wird auf eine Fassade aus rezyklierten Aluminium gesetzt. 4B ist darüber hinaus für die Produktion von Holz-Metall-Fassaden bekannt. Ist für die Montage von Metall- bzw. Holz-Metall-Fassaden ein separates Montageteam im Einsatz?

In unseren Teams können grundsätzlich alle Monteure beide Ausführungen montieren. Auf was ich aber bei der Planung achte, ist dass das auch detailliertes Verständnis für das jeweilige System vorhanden ist und die Monteure bei ähnlichen Aufträgen schon Erfahrungen sammeln konnten. So ist im Team immer jemand dabei, auf den die anderen zugehen können, wenn sie Rückfragen haben und ich nicht selbst vor Ort bin.

Das neu lancierte Pfosten-Riegel-Fassadensystems FS2 wird dort bereits mit einer Fläche von 2900 m2 verbaut. Was sind hierbei die Besonderheiten?

Das System wurde technisch aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht. Das bedeutete auch Ergänzungen, angepasste Normen und mehr Details, auf die man achten muss. Vieles betrifft jedoch die Produktion und Herstellung der Fassade, so dass für uns die Montage grundsätzlich ähnlich ist.

Roberto Wyssen gibt Anleitungen auf dem Neubau der Thermoplan

Eine Besonderheit bei der Fassade ist, dass elektrochromes Glas eingesetzt wird: Was ist der Vorteil dieses speziellen Glases im Hinblick auf das «unique»-Projekt?

Ein grosser Vorteil ist, dass es keine zusätzlichen Aussenrollos zur Beschattung braucht. So lassen sich Wartung und Kosten minimieren. Für uns ist auch der Planungsaufwand dadurch etwas weniger, da wir sonst die Storen und Anschlüsse ebenfalls noch berücksichtigen müssten.

Benötigt das Montageteam für dieses intelligente Glas spezielle Kenntnisse?

Das Glas ist bereits in die Elemente eingebaut, daher macht es nur bei den Anschlüssen einen Unterschied in der Montage. Wichtiger ist vielmehr, das ganze Team darauf zu sensibilisieren, sehr behutsam beim Einbau vorzugehen. Die Lieferzeiten für die Gläser sind sehr lange und das würde den Zeitplan im Fall eines Schadens stark beeinträchtigen. Um sicherzustellen, dass das Glas von der Produktion im Werk bis auf die Baustelle keinen Stoss erlitten hat, prüfen wir daher in jedem Schritt die Funktionsfähigkeit. Dazu gibt es spezielle Kleber, die sich Verfärben würden, sollte es zu einer Erschütterung gekommen sein. So können wir in Fall sehr schnell reagieren und vermeiden, im ungünstigen Fall mehrere Monate auf ein neues Glas warten zu müssen.

Ansicht des neuen unique Gebäudes der Thermoplan

Wie funktioniert die Verkabelung der einzelnen Elemente oder Glasfelder mit elektrochromem Glas? Sind die einzelnen Glaselemente mit der Haustechnik verknüpft und zentral steuerbar?

Die Zuleitung läuft über unsere Fassade, und spezielle Fräsungen führen die Kabel ins Gebäude. Dort geht es auf einen Verteiler und auf einen Zentralcomputer. Auf den Büro- und Produktionsdächern gibt es Sensoren, die das Wetter permanent aufzeichnen. Die Fassadenflächen werden dann über einen Algorithmus zentral nach Zonen angesteuert. Auch die Fernwartung der Gläser läuft zentral ab und der ganze Betrieb des Gebäudes ist auf Effizienz und einen störungsarmen Unterhalt ausgerichtet.

Und zum Schluss: Was an dieser umfassenden Montage für das Objekt «unique» macht ist hier besonders spannend?

Das Objekt ist das grösste Schweizer IPD-Projekt (was Integrated Project Delivery bedeutet) und alle beteiligten Unternehmen waren ab der Planungsphase involviert. Entscheide und Ziele wie z. B. Timings, Qualität und Budgets wurden gemeinsam getroffen und alle sind am Erfolg beteiligt. Das ist ein Vorgehen, dass sich in der Schweizer Baubranche so noch nicht durchgesetzt hat. Die Zusammenarbeit ist dabei bemerkenswert und geprägt von einer offenen Feedbackkultur. Sei es mit dem Architekten, der Bauherrenvertretung, den Subunternehmern oder den Leuten vor Ort – man kann mit allen auf Augenhöhe reden, mit dem Ziel, für das Projekt zusammen die beste Lösung zu finden. Das schätze ich sehr und das macht die Arbeit sehr partnerschaftlich.