Verdichtung versus Lärmschutz: Kompromiss in Sicht

Die Schweiz soll sich baulich vorrangig nach innen entwickeln. So will es das Stimmvolk und so sagt es das 2014 entsprechend revidierte Raumplanungsgesetz. Die Siedlungsentwicklung soll kompakter und die Landschaft geschont werden, allerdings steht sich die erfolgreiche Verdichtung an einigen Stellen noch selbst im Weg. So im Fall Verdichtung versus Lärmschutz. Hier hat sich allerdings jetzt Bewegung angekündigt, womit der Schallschutz von Fenstern und Fassaden zusätzlich an Bedeutung gewinnt.

Der Ständerat will das Bauen in lärmbelasteten Gebieten lockern. Dafür hat er sich am 7. Dezember 2023 im Rahmen von notwendigen Änderungen des Umweltschutzgesetzes ausgesprochen.
Der Hintergrund: 2023 fand sich der Umgebungslärm gemäss Hauseigentümerverband (1) unter den drei gewichtigsten Faktoren für die Wohnungswahl und die Wohnzufriedenheit. Er rangierte gleich hinter den Einkaufsmöglichkeiten und der ÖV-Anbindung. Alles Faktoren, die in der Regel in verdichteten Gebieten stärker ausgeprägt sind. Wer mobil sein und jederzeit einkaufen möchte, muss sich mit einem gewissen Umgebungslärm arrangieren. Doch zu viel Lärm macht krank. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht im Umgebungslärm unter allen Umweltrisiken eines der grössten Probleme für die Gesundheit. Unter anderem ist anhaltender Lärm beteiligt an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen sowie dauerhaften Gehörschäden und Tinnitus. (3) Daher spricht sie sich in ihren 2018 herausgegebenen Richtlinien für den Umgang mit Umgebungslärm für bestimmte Grenzwerte spezifischer Lärmquellen aus. (2) Zu Recht hat der Schutz vor Lärm seinen Platz im Gesetz gefunden. Die Lärmschutzgesetzgebung der Schweiz legt Planungswerte, Immissionsgrenzwerte und Alarmwerte für verschiedene Lärmarten fest. (4)

Eine forcierte Verdichtung wiederum kann den Lärm zusätzlich steigern – mehr Menschen, engere Räume, mehr Verkehr.

Die Abstände zu den Lärmquellen werden knapper. Das schlägt sich zum Teil auch in steigenden Emissionswerten nieder. Und hier liegt das Problem: Wird die zulässige Dezibel-Grenze überschritten, dürfen am Ort keine weiteren Wohnbauten erstellt werden. (5)
Im Wesentlichen ist das Konzept Verdichtung bereits erfolgreich – zwischen 2017 und 2022 ist die Bauzonenfläche in der Schweiz nahezu stabil geblieben. Und das obwohl die Bevölkerung gewachsen ist. Die durchschnittlich benötigte Fläche pro Person ist in den letzten Jahren von 309 m2 auf 282 m2 in 2022 gesunken. Heute wird grösser oder höher gebaut. (6) Doch gleichzeitig wird vielen Grossprojekten von gerichtlicher Seite ein Riegel vorgeschoben mit dem Satz «Unter lärmschutzrechtlichen Aspekten nicht bewilligungsfähig»: In der Stadt Zürich liegen laut NZZ mehrere Grossprojekte an lauten Lagen mit Hunderten von Wohnungen auf Eis (7). Das nachdem die Gerichte ihre Praxis beim Lärmschutz verschärft haben. Bauherren wie auch die Behörden stehen vor einem Dilemma.

Messung bei geöffnetem Fenster

Welche Lärmbelastung in den betroffenen Wohneinheiten vorliegt, wurde bis bei geöffneten Fenstern gemessen. So sollte das notwendige Lüften mitberücksichtigt werden. Ungeachtet der Tatsache, ob die Wohnung allenfalls auf andere Weise belüftet wird und wie gut die geschlossenen Fenster den Lärm dann abschirmen.
Der Weg, den der Ständerat auf Empfehlung seiner vorberatenden Kommission UREK-S nun vorschlägt, führt über Ausnahmeregelungen: Das Bauen in Bereichen mit überschrittenem Lärm-Immissionsgrenzwert soll künftig möglich sein, wenn
• Wohnungen über eine Komfortlüftung verfügen
• bei jeder Wohneinheit mindestens ein lärmempfindlicher Raum über ein Fenster verfügt, bei dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind.
• oder wenn bei einem Fenster mindestens eines lärmempfindlichen Raums die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden, verbunden mit einem ruhigen Aussenraum. (8)
Der Vorstoss basiert auf einem Bundesgerichtsurteil, welches laut Ständerat das Bauen oder Umbauen von Wohnungen in Siedlungen stark erschwert hat. Speziell beim Bau von Minergiehäusern sei diese Anforderung nicht mehr sinnvoll. Auch der Hauseigentümerverband begrüsst den Vorstoss, da heute ohnehin oftmals Komfortlüftungen mitgeplant würden. (9)

Schallschutzfenster und Isolierverglasung

Um die vorhandene Lärmbelastung für die Bewohnenden zu entschärfen, leisten schalldichte Fenster wie die Neubau- und Renovationsfenster von 4B wertvolle Dienste. Mit den modernen Schallschutzfenstern mit drei Dichtungsebenen und entsprechendem Glas lässt sich der Lärm um bis zu 45 dB reduzieren. Auf diese Weise wird der Lärm in der subjektiven Wahrnehmung um bis zu 97 % vermindert. Bei einem äusseren Lärmpegel von 75 dB wie an einer viel befahrenen Strasse bleibt im Raum somit ein Pegel von 40-55 dB bestehen. In einem Schlafzimmer gilt die höchste Empfindlichkeitsstufe, denn für einen gesunden Schlaf sollte es nicht lauter als 25-30 dB sein. An diesem Ort ist ein Pegel von 40-55 dB auf Dauer also nach wie vor ungesund. Je nach Lärmbelastung und Schutzgrad der Räume ist also ein ganzes Paket von Massnahmen in den unterschiedlichsten architektonischen Bereichen erforderlich.

Lesen Sie dazu auch:

https://www.4-b.ch/de/blog/schallschutzfenster-gegen-laerm/
https://www.4-b.ch/de/referenzen/glasi-quartier-buelach/

Quellennachweis:

(1) https://www.hev-schweiz.ch/news/list?tx_news_pi1%5Bnews%5D=8910&cHash=0a1c3b4e420aa174ca4ad62c2ac7277e 31.01.2024
(2) https://www.who.int/europe/publications/i/item/WHO-EURO-2018-3287-43046-60243, 31.01.2024
(3) https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/190805_uba_pos_who_umgebungslarm_bf_0.pdf, 31.01.2024
(4) https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/laerm/fachinformationen/laermbelastung/grenzwerte-fuer-laerm/belastungsgrenzwerte-fuer-laerm.html)
(5) https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1987/338_338_338/de , 31.01.2024
(6) https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home/uvek/medien/medienmitteilungen.msg-id-91874.html 31.01.2024
(7) https://www.nzz.ch/zuerich/wende-beim-bauen-an-lauten-lagen-in-der-stadt-zuerich-koennten-hunderte-von-auf-eis-gelegten-wohnungen-auf-den-markt-kommen-ld.1717562, 31.01.2024